900.000 Euro Bußgeld gegen Kreditinstitut wegen Profilbildung zu Werbezwecken


Pressemeldung des LfD Niedersachsen

Pressemeldung des LfD Niedersachsen vom 28.07.2022

Die Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) Niedersachsen hat gegen ein Kreditinstitut eine Geldbuße in Höhe von 900.000 Euro festgesetzt. Der Bußgeldbescheid ist noch nicht rechtskräftig.

Das Unternehmen hatte Daten aktiver sowie ehemaliger Kundinnen und Kunden ohne deren Einwilligung ausgewertet. Dazu analysierte es das digitale Nutzungsverhalten und wertete unter anderem das Gesamtvolumen von Einkäufen in App-Stores, die Häufigkeit der Nutzung von Kontoauszugsdruckern sowie die Gesamthöhe von Überweisungen im Online-Banking im Vergleich zur Nutzung des Filialangebots aus. Hierzu bediente es sich eines Dienstleisters. Ergänzend wurden die Ergebnisse der Analyse mit einer Wirtschaftsauskunftei abgeglichen und von dort angereichert. Ziel war es, Kundinnen und Kunden mit einer erhöhten Neigung für digitale Medien zu identifizieren und diese adressatengerecht für vertragsrelevante oder werbliche Zwecke verstärkt auf elektronischen Kommunikationswegen anzusprechen. Den meisten Kundinnen und Kunden wurden zwar vorab zusammen mit anderen Unterlagen Informationen zugeschickt. Diese ersetzten die notwendigen Einwilligungen allerdings nicht.

Dem Unternehmen wird vorgeworfen, dass die vorgenommene Auswertung nicht mit Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) vereinbar war. Danach kann ein Verantwortlicher personenbezogene Daten auf Grundlage einer Interessenabwägung verarbeiten. Die Interessen der betroffenen Person dürfen dabei nicht überwiegen. Bei der Festsetzung der Geldbuße wurde berücksichtigt, dass das Unternehmen die Ergebnisse seiner Auswertungen nicht weiterverwendet hatte. Zudem hat sich das Unternehmen im gesamten Verfahren kooperativ gezeigt.

Häufung ähnlicher Fälle

Der LfD Niedersachsen werden vermehrt Fälle bekannt, in denen Verantwortliche Daten von Kundinnen und Kunden, die zunächst rechtmäßig verarbeitet wurden, zur Profilbildung auswerten. Hierzu nutzen Sie teilweise externe Anbieter oder gleichen ihre Ergebnisse mit diesen ab.

„Die Verantwortlichen holen sich für solche Auswertungen häufig keine Einwilligung der Kundinnen und Kunden ein”, sagt die Landesdatenschutzbeauftragte Barbara Thiel. „Stattdessen berufen sie sich auf eine Interessenabwägung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f DS-GVO. Diese Rechtsgrundlage erlaubt es aber nicht, Profile für Werbezwecke zu bilden, indem man große Datenbestände auswertet.”

Zwar liegt die werbliche Ansprache (potenzieller) Kundinnen und Kunden im Interesse der Verantwortlichen. Der Gesetzgeber stuft dieses Interesse aber als weniger gewichtig ein, indem er für die betroffenen Personen eine erleichterte Widerspruchsmöglichkeit vorsieht. Der Widerspruch muss nicht begründet werden. Bei der Interessenabwägung überwiegen zudem die Interessen der betroffenen Kundinnen und Kunden.

Vernünftige Erwartung maßgeblich

Verantwortliche müssen bei der Interessenabwägung unter anderem die vernünftigen Erwartungen der Kundinnen und Kunden berücksichtigten. „Die Betroffenen erwarten es aber in der Regel nicht, dass Verantwortliche im großen Umfang Datenbestände nutzen, um ihre Neigung zu bestimmten Produktkategorien oder Kommunikationswegen zu identifizieren”, so Barbara Thiel. Verantwortliche können sich in diesen Fällen deshalb nicht auf eine Interessenabwägung berufen und müssen stattdessen Einwilligungen einholen.

Werden zudem externe Stellen einbezogen (z. B. Wirtschaftsauskunfteien), können Daten aus unterschiedlichen Lebensbereichen verkettet und so genauere Profile erstellt werden. Hiermit müssen Kundinnen und Kunden erst recht nicht rechnen, weshalb auch hierfür Einwilligungen eingeholt werden müssen.

Pressemitteilung als PDF-Download


Herausgeber: Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen

Diese Presseinformation im Portal des Landes Niedersachsen:
https://lfd.niedersachsen.de/startseite/infothek/presseinformationen/900-000-euro-bussgeld-gegen-kreditinstitut-wegen-profilbildung-zu-werbezwecken-213925.html


Neue Beiträge

  • Abmahnungen zu Datenschutzverstößen auf Webseiten vermeiden – Google Fonts lokal einbinden

    Pressmeldung des Lfd Niedersachsen vom 24.11.2022 Angesichts massenhafter Abmahnschreiben wegen des Einsatzes von Google Fonts auf Webseiten ruft die Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) Niedersachsen die Betreiber der Seiten dazu auf, diese datenschutzkonform zu gestalten. Die LfD erreichen regelmäßig Beschwerden zum Einsatz von Google Fonts sowie Beratungsanfragen zu Abmahnungen.Aktuell mehren sich die Berichte über eine […]

    Pressemeldung des LfD Niedersachsen

  • Neue Standardvertragsklauseln – Frist für die Umstellung von Altverträgen endet demnächst

    Pressemeldung des LfD Niedersachsen vom 03.11.2022 Die Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) Niedersachsen weist darauf hin, dass kurz vor dem Jahreswechsel eine wichtige Frist für Unternehmen und andere Stellen endet, die personenbezogene Daten in Länder außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums oder an internationale Organisationen übermitteln. Datenexporteure stützen diese Transfers häufig auf sogenannte Standardvertragsklauseln im Sinne von […]

    Pressemeldung des LfD Niedersachsen

  • Kostenlose Schulung „Datenschutz im Verein” für ehrenamtlich Tätige des LfD

    Pressemeldung des LfD Niedersachsen vom 17.10.2022 Die Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) Niedersachsen bietet am 24. November erstmals eine Fortbildungsveranstaltung für ehrenamtlich Tätige an. Die Grundlagenschulung „Datenschutz im Verein” richtet sich an Menschen, die in niedersächsischen Vereinen und Verbänden mit dem Thema Datenschutz betraut sind. Ziel der rund zweistündigen Online-Veranstaltung ist es, Grundlagenwissen zu vermitteln, […]

    Pressemeldung des LfD Niedersachsen